Ich war gerade in Cairns, Australien auf einem Fluglehrer Kurs. Früher als gedacht war ich schon am Mittwoch damit fertig. während die andern beiden Piloten noch Donnerstag und Freitag ein paar Runden drehen musste. Freitagmorgen irgendwann klingelte das Telefon. Clint Smith, ein Flugprüfer für MAF fragt, ob ich ein einmotoriges Flugzeug vom Typ Airvan GA( von Mount Hagen in Papua Neuguinea nach Cairns fliegen kann. Ich muss nicht lange nachdenken um zuzusagen. Einen Überführungsflug machen zu können ist etwas Besonderes in der Laufbahn eines MAF Piloten. Für einen Überführungsflug werden Piloten ausgewählt, die über eine gewisse „Erfahrung“ verfügen. Ich fühlte mich dazu berufen.
Die Vorbereitungszeit war knapp. Ich war ja noch zusammen mit Mandy in Australien und musste erst nach Mount Hagen zurückreisen. Meine geplante Ankunft in Hagen war mittwochs und der Überführungsflug sollte am schon am Freitag stattfinden. Einige Vorbereitungen verlangen allerdings bis zu fünf Tagen Vorlaufzeit. Diese Zeit war bereits nicht mehr gegeben...
Der Überführungsflug sollte mich von Mount Hagen direkt nach Horn Island in Australien führen, wo ich tanken und die Vorschriften des Australischen Quarantäneamtes erfüllen muss. Anschließend ein Direktflug zum internationalen Flughafen Cairns.
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Mt. Hagen – Horn Island – Cairns |
Eine grobe Planung ergab, dass der Sektor von Horn Island nach Cairns in einem Airvan eigentlich nicht zu schaffen ist. Unser hausinternes Flugplanungsprogramm rechnete einen Treibstoffbedarf von 380 Litern aus. Die Tanks fassen aber nur 330 Liter. Als nochmals von Hand nachrechnen. Für nicht gewerbliche Flüge fallen gesetzlich vorgeschriebene Treibstoffreserven weg. Außerdem ist der tatsächliche Spritverbrauch geringer verglichen mit dem Flugplanungsprogramm. Die Handrechnung ergibt eine Reserve von einer Stunde.
Die Papierarbeit ist umfangreich. Zollpapiere für die Fracht, Flugzeugpapiere und Angaben über den Piloten müssen dem Zoll in Papua Neuguinea und in Australien überreicht werden. Ich habe 380 Kilo Flugzeug-Ersatzteile und persönliche Gegenstände einer MAF Familie an Bord, die Ende des Jahres PNG verlässt und in Cairns ihr neues Zuhause einrichten wird.
Das Wetter verspricht gut zu werden. Spannend ist es trotzdem. Die Zyklon-Saison beginnt normalerweise im November.
Ich bin nervös am Abend vor dem geplanten Abflug. Die Papiere sind gerichtet, das Flugzeug ist beladen und betankt. Der Start am nächsten Morgen ist für 7 Uhr geplant. Das bedeutet um 5 Uhr aufstehen , gegen 6 Uhr am Flugplatz sein und die tägliche Routineprüfung am Flugzeug erledigen.
Den übliche Mt. Hagen Morgennebel gab es Freitagmorgen ausnahmsweise nicht, oder er entwickelte sich erst später, als ich schon über alle Berge war. Ich starte um 7:11 Uhr. Das Flugzeug ist zum ersten Mal bis zu einem neuen maximalen Startgewicht beladen. Die Beschleunigung ist mäßig aber schließlich trägt sie mich doch dicht über die Bäume Richtung Südwesten. Es dauert eine Zeit, bis ich zwischen den Bergen auf meine Reiseflughöhe gestiegen bin. Vorbei am Berg Jalibu in das westliche Tiefland, indem sich eine weite, geschlossene Wolkendecke breit macht. In meiner Flughöhe sind einzelne Wolken, die ich bequem umfliegen kann. Ich bin dankbar für das gute Wetter. Das Hochland von Papua Neuguinea kann sehr wolkenverhangen sein mit zum Teil eingelagerte Gewitter.
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Jede Menge Karten und Papiere... |
Unterwegs begrüße ich einen anderen MAF-Piloten über Funk, der mit seiner Cessna 206 auch schon zu seinem ersten Flugziel unterwegs ist. Wir tauschen Wetterinformationen aus. Dann wird es wieder still auf dem 2,5 Stunden langen Flug. Südlich des Fly Rivers bricht die Wolkendecke auf und ich kann Land erkennen. Mein Spickzettel erinnert mich daran, die Schwimmweste anzuziehen, bevor ich über die Torres Strait, die Meerenge zwischen Papua Neuguinea und Australien, fliege. Kurze Zeit später überquere ich die Landesgrenze und melde mich bei der Flugsicherung von Australien an. Für den Australischen Umweltschutz sprühe ich die Kabine mit einem Insektenschutzmittel ein und fülle ein entsprechendes Formular aus.
Das Wasser unter mir ist grünblau. Es ist 9:25 Uhr als ich den Sinkflug für Horn Island beginne. Der Flugplatz am nördlichsten Ende von Australien ist sehr frequentiert. Eine Dash-8 meldet sich über Funk an, mit einer Landezeit zwei Minuten nach meiner. Bloß nicht nervös werden! Ich war noch nie in Horn Island, aber die Anflugkarte verrät mir, wie ich fliegen muss. Der Wind passt und ich fliege in die Platzrunde ein.
Ich bin sehr froh über die Hilfe von Philipp Sutter, der mir am Abend zuvor genau erklärt hat, auf was ich in Horn Island achtgeben muss, wohin ich rollen darf und wie ich Treibstoff bestellen kann. Nach der Landung sitze ich erst mal mit geschlossenen Türen in meinem Flugzeug und warte auf den Quarantäne Offizier, der sich von der ordnungsgemäßen Durchführung der Insektendesinfektion überzeugen muss. Ich halte die Sprühdose hoch und er lächelt. Es geht alles schneller als gedacht. Ich öffne die Türen, der einheimische Offizier zeigt sich sehr freundlich und hilfsbereit. Dummerweise habe ich vor lauter Aufregung mein Lunchpaket nicht angerührt. Die Quarantänebestimmungen verbieten die Einfuhr von Lebensmitteln. So landet alles in der Mülltonne. Ein paar eingeschweißte Schokoladenriegel kann ich retten. Etwas zu Trinken kann ich mir am Flugplatz zum Glück kaufen. Da ich kein Australischer Pilot bin und nicht vom australischen Anti-Terror System erfasst bin, muss ich bei jedem Schritt auf dem Flugplatz begleitet werden. Der Tankwagen für den Flugtreibstoff ist gerade in der Nähe und ich bitte um das Füllen der Tanks, bis nichts mehr hinein passt. Alles geht reibungslos und schnell.
Aus der Dash-8 steigen gerade einen Menge Passagiere aus, teilweise Touristen. Bei sommerlichen Temperaturen kann ich mir einen Urlaub in dieser von Korallen umlagerten Inselwelt gut vorstellen. Schluss mit der Träumerei! Schnell noch unseren MAF Mitarbeiter Clint Smith in Cairns anrufen und schon geht es weiter.