26 Juli 2012

Hörbibeln im Busch




Welch ein wacher, offener und strahlender Blick in solch einer armseligen Hütte!

Er gehört Hiob, einem hüftkranken Mann aus Sumwari, der deshalb seine Hütte nicht mehr verlassen kann. Lesen hat er nie gelernt. Er ist Christ. Um so mehr freut er sich, dass er nun die Bibel vorgelesen bekommt, wann immer er will. Dank einem kleinen mp3-Player, der auf der Rückseite ein kleines Solarmodul hat und innerhalb weniger Stunden wieder aufgeladen ist.
Gerhard Stamm, Missionar der Liebenzeller Mission, hat dem Mann die Bibel in den Busch gebracht.



Sollte es uns da nicht beschämen, wie selbstverständlich wir verschiedene Bibeln im Regal stehen haben und wie nüchtern wir sie lesen? Die Bibel, Nahrung für unsere ausgetrockneten Seelen, die wahrscheinlich gefüllt sind mit so allerlei Nebensächlichkeiten des Alltags, unseren Sorgen, Ängsten, Traurigkeiten, Freuden, Erinnerungen. Aber was zählt am Ende unserer Tage für die Ewigkeit? ...


Glenda, der Hochschullehrerin aus Tekin, hat Mathias auch zwei dieser Hörbibeln gegeben, um sie an den richtigen Mann oder die richtige Frau zu bringen. Kürzlich schrieb sie uns ein Email:
Ich habe beide Hörbibeln weggeben. Einer unserer Lehrer hilft einem alten Mann, der auf der anderen Seite vom Fluss lebt. Der alte Mann, Frank, spricht Tok Pisin, aber kann es nicht lesen.
Die andere Hörbibel hat mein Stellvertreter. Er will sie einem alten Mann in Divanap geben, hat es aber bislang nicht geschafft. In der Zwischenzeit nutzt seine Frau Renjay die Hörbibel, und zwar immer dann, wenn sie am Wäsche waschen ist und Dinge im Haushalt erledigt. Mit drei lebhaften Kindern wäscht sie ziemlich viel Kleider und hört entsprechend viel aus der Bibel. Da sie lesen kann, ist die Hörbibel auf lange Sicht bei ihr eigentlich fehlplaziert. 



Holzofenpizza


Heute war ich wieder im Gefängnis. KUK stand auf dem Programm. Vor vier Wochen, als wir Pfannkuchen gemacht haben (siehe HIER), hatte ich ein kleines Kochbuch dabei mit vielen Abbildungen, Pfannkuchen von süß bis herzhaft, Omeletts, Beignets etc. Die Wächterin hatte ja damals auch gut zugeschaut und blieb die ganze Zeit dabei und hat fast zu allem Pizza gesagt :o)  Und das hatte ich dann auch versprochen, den Frauen zu zeigen, wie man Pizza macht.
Einen fertigen Teig hatte ich dabei, um gleich loslegen zu können. Heute morgen auf dem Markt habe ich noch lokale Zutaten besorgt: Frühlingszwiebeln, Tomaten, Paprika, Krusako (geschmacklich ähnlich wie Brokkoli, im Aussehen aber aber wie eine Mischung aus Birne und Kohlrabi...) und eine Ananas. Außerdem hatte ich eine Dose Thunfisch und natürlich Käse dabei.
Zuerstmal mussten die Frauen ihren Holzofen anheizen, dann haben wir zwei Lieder gesungen, sie haben einen Bibelvers auswendig aufgesagt und wir haben gebetet. Dann ging es ans Pizza backen: Teig auswellen, Zutaten putzen, schnibbeln, belegen... und nach 10 Minuten hatten wir einen leckere knusprige Holzofenpizza. 

Die erste Pizza ist fertig!

Ich war echt überrascht, dass das so gut geklappt hat in deren Ofen; besser als in meinem Gasherd!
Während die Pizza gebacken hat, habe ich ihnen dann gezeigt, wie man einen Hefeteig macht. Dadurch konnten sie heute nachmittag auch ohne uns noch mal weitere zwei, drei Pizzen backen.

Pauline mit Briana

Geschmeckt hat es allen! Berthlen meinte hinterher, ich sollte ein Business anfangen und Pizza auf dem Markt verkaufen. Außerdem haben sie gemeint, „Em i olsem Saksak bilong wait man“. Saksak ist das Grundnahrungsmittel hier an der Küste und im Flachland von PNG (siehe HIER und HIER) und kann verschieden zubereitet werden, u.a. eben auch als eine Art Fladen, ausgebacken in einer Pfanne. Das würde dann sozusagen dem Pizzateig entsprechen.

Berthlen mit Matisha


Typisch Deutsch


Mit einem leckeren Abendbrot mit Wantoks auf unserer Veranda. Und wenn jeder was mitbringt, dann wird´s richtig gut! Frisch gebackene Laugenbrezeln, Körnerbrot und Pizzaschnecken, Metzger-Leberkäs aus der Dose Dank eines Päckchens aus Deutschland, Wurstsalat und Eiersalat, und weile auch noch ein wenig gesund sein muss, auch noch ein gemischter Salat mit leckerem Hochlandgemüse.
Was fehlte, war ein Radler oder zwei ...  ;o)



20 Juli 2012

Während du schliefst und ein etwas anderes Verständnis von Gerechtigkeit


Heute Nacht um 2 Uhr – und wir schliefen tief und fest – war auf der Straße vor unserm Compound wohl einiges los. Ein Autofahrer hat mit einem neuen Landcruiser ca. 500 m die Straße aufwärts wohl ein Kind tödlich überfahren. Das lassen die Leute hier nicht einfach so auf sich beruhen oder von der Polizei regeln. Selbstjustiz! Man scheint schnell genug hinter dem Auto her gewesen zu sein. Vielleicht wurde es beim Aufprall auch beschädigt und konnte nicht flüchten – denn das tut man hier üblicherweise nach so einem Zusammenstoß, von wegen 1. Hilfe und so ... 500 m auf der anderen Seite von unserm Compound jedenfalls hatte dieser Unfall seinen tragische Fortsetzung. Das Auto wurde in Brand gesteckt und heute Mittag, als wir schnell in die Stadt fuhren, war davon nicht mehr viel übrig. Man hat sich wohl noch reichlich bedient, an dem, was vom Landcruiser übrig blieb...


Von einem anderen Fall von Selbstjustiz berichteten uns Freunde, die dieser Tage von ihrem Gemeindebesuch im Busch zurückgekehrt sind. Ich erzählte die Begebenheit vorgestern bereits in einem Mail an eine Freundin: 
Wir haben grad mal wieder Stromausfall. Anscheinend bricht wieder mal so eine Phase an, nachdem wir jetzt einige Zeit keine Probleme hatten. Gestern gings los mit einem Candlelight Dinner. Wir hatten die Stamms zu Gast und ihren Liebenzeller Praktikanten. Sie waren 10 Tage im "Busch" und haben bewegende Stories mitgebracht. Leider eher traurige. Die Christen sind lau geworden, die Dorfbevölkerung sieht nur das Business mit dem Gold und schützt entsprechend die Übeltäter. Die Stammst hatten eine Frau mit Kleinkind bei sich im Kanu die aus dem Goldcamp rauswollte, wo ihr Mann sie geparkt hatte für diverse Befriedigungen, wenn er da ist. Sie wollte mit zurück ins sichere Dorf. Nun begegnen sich zwei Kanus und der Mann erkennt, dass seine Frau dabei ist, wendet sein Kanu, fährt dicht bei und versucht sie mit einem stumpfen Gegenstand von hinten umzubringen. Die Frau duckt sich, rettet sich so. Und alle im Kanu schweigen. Gerhard ist auf 180 und fast zu allem bereit...
Zurück im Dorf zieht jeder den Kopf ein. Grund für eine letzte Predigt und harte Abschiedsworte.
Und dabei war vor 10 Tagen noch eine verheißungsvolle Testlandung auf dem Airstrip geschehen mit Perspektive für eine schnelle Wiedereröffnung der Piste. Und was macht das Dorf? Hält gemeinsam Rat und bereitet ein SingSing für die Wiedereröffnung vor anstatt ihre sozialen Probleme zu lösen. Denn wer profitiert denn vom Flugzeug? Zuallererst wohl dieser neureiche Messerstecher, vor dem und seiner Gang sich jeder fürchtet... – Verstehe einer die Leute im Busch...
Gerhard will auf alle Fälle einen Polizeireport verfassen. Aber wie die Gerichte hier mit so was umgehen, steht noch mal auf einem andern Blatt Papier. Hier kann man sich nämlich freikaufen, selbst als Mörder... Gleiches gilt auf für Politiker; wenn da einer Dreck am Stecken hatte, im Knast war für was auch immer, kann er sich bei der nächsten Wahl wieder aufstellen und neu ins Amt einziehen... In Deutschland undenkbar!
So bin ich auch gespannt, ob ich Berthlen das nächste mal im Frauengefängnis wiedersehen werde. Sie ist seit Ende Mai in Wewak im Gefängnis. Letzte Woche hat sie angedeutet, dass ihre Gerichtsverhandlung ansteht. Sie hat die Zweitfrau oder Geliebte ihres Mannes mit dem Messer erstochen. Ganz klar: Mord. Aber hierzulande eben möglich, dass das Gericht die Regierungskasse  aufbessert und eine entsprechende Geldstrafe verhängt, die dann die Angehörigen oder wer auch immer aufbringen müssen. So werden hierzulande viele Kriminelle immer wieder gedeckt und freigekauft und ein Verständnis von gerichtlicher Gerechtigkeit kommt gar nicht erst auf. Was lernen also die Jungen von den Alten? 

Jaqueline wartet seit über zwei Jahren auf eine Gerichtsverhandlung. Ihre Geschichte ist dem Gericht zu abwegig, dass sie ihr nicht glauben und nicht wissen, wie sie mit ihr umgehen: Sie erzählte, dass sie einen Big Man, also einen angesehenen Mann, in einen Hinterhalt gelockt und umgebracht hat. Das Gericht verlangt von ihr, dass sie den wahren Mörder benennt. Da fühlt sich jemand schuldig, bekennt, wartet auf eine gerechte Verhandlung und Strafe und wird doch im Ungewissen gelassen.

15 Juli 2012

Parlamentswahl


Noch dauert das Auszählen der Stimmen an. Wenn wir aus unserem Küchenfenster schauen, können wir die rot-gelben Anzeigetafeln sehen. Immer stehen einige Autos und Menschen davor, die sich über den aktuellen Stand informieren Gelegentlich hört man Jubelrufe.

Die Daten werden aktualisiert. Man erkennt schon mehrere Lagen an Folien. 

Heute haben wir uns das endlich auch mal aus der Nähe angeschaut. Aber so richtig schlau sind wir aus alldem nicht geworden. Die Tabellen werden entweder täglich komplett aktualisiert oder die Ergebnisse einzelner Wahlurnen, die ausgezählt wurden, werden bekanntgegeben. Jedenfalls haben wir in dem Zahlenwirrwarr nicht wirklich durchgeblickt und auch nicht wirklich herausgefunden, wer aktuell die absolute Mehrheit (das heißt 50+1% der Stimmen) hat.

Verschiedene Tafeln für verschiedene Wahlbezirke

Blick in die Gegenrichtung: Hinter dem Metallzaun das ist unser Haus

In den Zeitungen wird versucht, die Wahl erklärend zu begleiten, was das Wahlverfahren und die Auszählung betrifft. In unseren Augen erscheint das Wahlsystem sehr kompliziert in der Auszählung.
Von der Durchführung wollen wir mal gar nicht reden. Die Tage stand ein Zwischenbericht der Wahlbeobachter des Commonwealth in der Zeitung, was gut läuft und was weniger. PNG hat noch ziemlich viel zu lernen...
Da es hierzulande keine elektronische Datenerfassung der Bevölkerung gibt, niemand einen Personalausweis hat, ist das alles um so schwerer. Es gibt Namenslisten. Anfang des Jahres hat man versucht, diese zu aktualisieren und die Leute waren aufgefordert, wurden teilweise sogar aufgesucht von den Beamten, sich auf diesen Listen registrieren zu lassen. Tja, und bis die Listen veröffentlicht wurden bzw. die Leute am Wahltag wählen wollten, waren viele Namen nicht mehr da und mancherorts viel zu viele Namen noch auf der Liste. Tja, und wer weiß, wer wirklich Müller, Meier, Schmidt ist...
Trotz großem Militär- und Polizeiaufgebot wurden landesweit einige Wahlboxen geraubt, mancherorts konnte nicht wirklich geheim gewählt werden, zuweilen wurden auch minderjährige, ja sogar Kinder zum Wählen zugelassen oder Polizisten, die die Wahlpapiere zum Wahlort bringen sollten, haben für ein kleines Taschengeld mal eben schnell paar tausend Wahlzettel zu Gunsten eines Kandidaten ausgefüllt...
Ein Großteil des Militäraufgebots aus Neuseeland und Australien ist mittlerweile schon wieder abgereist. Bleibt zu hoffen, dass nach der endgültigen Ergebnisbekanntgabe die Situation im Land unter Kontrolle bleibt, Verlierer nicht ausrasten und um sich schlagen.
Hier in Wewak ist es bislang recht ruhig. Alles fühlt sich normal an. Auch wenn Mandy tagsüber allein in die Stadt zum Einkaufen fährt, fühlt sie sich nach wie vor sicher. Ein wenig mehr Militär und Polizei ist dennoch auf den Straßen zu sehen. Manchmal nicht unbedingt zum Guten: Die Tage hat sich ein Verkehrsteilnehmer, der ziemlich riskante Überholmanöver gefahren ist, schlussendlich als Militärfahrzeug entpuppt und das war garantiert nicht gerechtfertigt als öffentliches Interesse...
Und wieder mal: Papua Neuguinea – das Land des Unerwarteten...



So wurden die Leute in der Zeitung über den Wahlhergang informiert

Mehrfachwahl verboten! Zur Sicherheit wird der kleine Finger lackiert

So funktioniert die Stimmenauszählung




Eine volle Woche


Montag
Verlängertes Wochenende
Es war nicht ganz klar, wer am Montag wohin fliegt, und so war ich am Flugplatz um zu erfahren, dass ich heute nicht gebraucht werde. Martin fliegt nach Mount Hagen.
Ich habe dafür Zeit, mir den Schaden an unserem Flugplatzgebäude anzuschauen. In der Nacht gab es ein schweres Gewitter und nach Aussage des Nachwächters so starken Sturm, dass die Dachrinne herunter gebrochen ist. Vermutlich „Pfusch am Bau“. Das gehört auch auf dem Compound zu den regelmäßigen Frustrationen, wenn Handwerker ihren Job nur schlampig erledigen. 

Rückseite unseres MAF Gebäudes am Flugplatz in Wewak

Dienstag
Medevac und Landung 17:35
Das Wetter ist derzeit nicht gut. Schlechte Sichten und Wolken machen das Fliegen gerade sehr herausfordernd. Ein Medevac aus Edwaki kommt dazu. Zwei Frauen müssen ins Krankenhaus in der Küstenstadt Vanimo. Eine der beiden Frauen kann nur liegend transportiert werden. Sie hat eine unbekannte Schwellung im Bauch und muss operiert werden.
Mehr Infos zum Medevac HIER  
Mittwoch
Hochlandtour
Ein Passagier von Wewak nach Okisai, ein weiterer von Ambunti nach Okisai, drei von Okisai nach Telefomin und leer wieder zurück nach Wewak. Ein Tag mit „leichter Ladung“. 
Morgens habe ich, Mandy, noch einen Passagier zum Flugplatz gebracht. Es regnete und die Hügelkette hinterm Flugplatz war kaum zu sehen. Es war ein lustiger Anblick, erst Mathias und dann Martin jeweils unterm Regenschirm betanken zu sehen. Zurzeit ist die Fliegerei wettertechnisch sehr herausfordernd, Bodenzeiten und auch Flugzeiten dauern länger als sonst, oder manche Landungen müssen auch gestrichen werden. 

Mathias

Martin

Donnerstag
Spritfässer
Zwei Fässer mit Autobenzin fliege ich heute nach Eliptamin. Damit werden Motorsägen betankt und betrieben. Ich frage mich, was in dem Dorf im Hochland gebaut wird. So viel Benzin reicht für sehr lange.
Freitag
Schlechtes Wetter
Heute bleiben die Passagiere aus Magleri, Amanab und Vanimo am Boden. Ich muss drei Sektoren streichen, weil das Wetter dort die Landungen nicht zulässt oder mich zum Warten zwingt.
Jacob, einer unserer Base-Mitarbeiter war mit an Bord. Er sollte unseren Spritbestand in Vanimo überprüfen. Der Flugplan führte auch nach Green River zu seinem Heimatdorf. Regen verhinderte einen schnellen Turn Around und wir mussten über 2 Stunden warten. Das gab ihm Zeit für einen spontanen Beusch bei seinen Wantoks und mir die Gelegenheit das Funkgerät anzuschauen. Im Krankenhaus gibt es ein „Health Radio“, das normalerweise nur für Krankenhaus interne Dinge verwendet wird. Aber wir könnten das Radio auch für Wetterberichte nutzen, damit so ein Flug wie heute nicht nochmal sein muss. 

Funkgerät vom Gesundheitsposten in Green River

11 Juli 2012

Medizinischer Notfallflug


Ich flog einen Charter für das Gesundheitsamt der Sandaun Provinz von Vanimo nach Edwaki. An Bord hatte ich nur Fracht für ein Team von Ärzten, das ich vergangene Woche bereits nach Edwaki geflogen habe und welches sehnsüchtig schon auf ihr „Handwerkszeug“ gewartet hat: medizinische Geräte und sonstiger OP-Bedarf.
Als ich in Edwaki landete, war das Team froh, endlich die Sachen geliefert zu bekommen. Wir hatten sogar geplant, es bereits am Samstag zu fliegen, aber da ich vergangene Woche so viel geflogen bin, hatte ich nicht mehr genug Flugstunden übrig für diesen Flug, um noch im gesetzlichen Limit von 30 Flugstunden pro Woche zu bleiben.
Jedenfalls wartete das Ärzteteam bereits mit zwei Patienten am Landeplatz, die ich nach Vanimo fliegen sollte. Eine ältere Frau hatte einen geschwollenen Bauch und brauchte dringend eine Operation in Vanimo. Hoffentlich konnten ihr die Ärzte dort helfen. Oftmals kommen Patienten viel zu spät ins Krankenhaus... Die Frau wurde auf einer Trage zum Flugzeug gebracht und ich habe sie liegend transportiert. Dazu mussten erst zwei Sitze ausgebaut werden. Ein Sitzkissen gab ich ihr als Kopfstütze. Für solche Zwecke haben wir immer eine entsprechende Unterlage im Flugzeug dabei. Die Frau hing an einem Tropf und hatte zusätzlich auch eine Nasenkanüle. Keine Ahnung, wozu letzteres diente. Ich kann nicht sagen, dass die Frau Schmerzen hatte, aber sie war sehr sehr schwach und mager. 


Der Flug von Edwaki nach Vanimo dauert 45 Minuten. Ich bin in 3000 Fuß geflogen, einfach um der Frau die dünne Höhenluft und niedrigeren Luftdruck zu ersparen. Gleichzeitig hoffte ich, dass das Wetter stabil und gut genug bleibt, dass ich so tief nach Vanimo fliegen kann. Die Sicht war schon ziemlich schlecht, recht diesig. Ich versuchte unseren Basemitarbeiter in Wewak zu erreichen, damit er mir einen Wetterbericht von Vanimo organiseren kann. Leider konnte ich ihn nicht erreichen, die HF Funkverbindungen in diesem Eck sind sehr schwach. So hoffte und betete ich, dass ich nicht nach Anguganak ausweichen muss, was zusätzliche 40 Minuten Flug bedeutet hätte, Zeit am Boden zum Nachtanken und weitere 50 Minuten nach Wewak.
Ich schaffte es nach Vanimo! Die Ambulanz wartet bereits. 


Der Begleiter der Frau half mir, sie auf den Trolly bzw. Gepäckwagen zu legen. Der Fahrer des Ambulanzfahrzeugs war absolut keine Hilfe. Er machte nur die Hecktüre auf und gab Anweisungen, was wir tun sollen. So nahmen wir die Trage, lagerten die Frau vorsichtig um und schoben sie ins Ambulanzfahrzeug. 


Dann noch all das Gepäck und alle fuhren davon.


Im schlechten Wetter suchte ich mir dann den Weg zurück nach Wewak, kämpfte noch mit den Wolkenlücken und zwei großen Gewittern, um in Tinboli noch einen Pastor der EBC Gemeinde abzuholen. 17:35 setze ich dann endlich meine Räder auf die Landebahn in Wewak. Die Papierarbeit ließ ich grad im Office liegen. Genug für heute!
Denn Mandy wartete bereits mit dem Essen und wir sollten noch ein Gespräch mit den neuen Personalleuten haben, die gerade für zwei Tage in Wewak Station machen.

08 Juli 2012

Volle Woche, neue Rekorde


Montag - Mt. Hagen
Als ich am Morgen starte, ist mein Programm noch nicht sicher. In Hagen angekommen erfahre ich von einem Flug nach Aiyura und dann nach Wewak. So habe ich meinen bisher längsten Sektor von 114 Minuten geflogen.
Dienstag - Doppelter Medevac
Maramuni meldet am Morgen einen Medevac nach Hagen. Als ich lan-de, sind es schon zwei. Eine Frau mit Geburtsschwierigkeiten und ein Mann, der im Kampf verletzt wurde. Wahrscheinlich gebrochene Rippen. 
Mittwoch - 7 Stunden Flugzeit
Weil ein Flugdienstanbieter in Vanimo nicht mehr fliegt, müssen wir einspringen. Martin und ich fliegen ein Ärzteteam nach Edwaki und Ex-Patienten zurück in ihre Heimatdörfer. Weil die Sektoren im Westsepik lang sind, habe ich heute meine längste Flugzeit für dieses Jahr geflogen: 7 Stunden in der Luft.
Donnerstag - Ins Hochland
Zwei Mal nach Tekin. Zuerst mit Glenda Giles, und dann zwei Ladungen Passagiere nach Telefomin.
Freitag - Herausforderung Wetter
So schlecht wie heute war das Wetter schon lange nicht mehr. Leichter Regen und Wolken behindern Sicht und Vorwärtskommen. Um die Mittagszeit muss ich den Anflug nach Vanimo abbrechen und zu meinem Ausweichflugplatz Anguganak fliegen. Dort kam die Anfrage für einen Medevac von Anguganak nach Tadji dazu. Gerade passend, denn ich musste sowieso nach Anguganak zum Nachtanken. Von der jungen Familie im Hintergrund muss der Vater ins Krankenhaus. Die beiden Männer rechts und links müssen zum Blutspenden ins Krankenhaus.
 

Die Woche davor war Mathias noch mit Fieber im Bett gelegen und hat das Wochenende für die Erholung gebraucht. Weil Piloten, die länger als sieben Tage krankheitsbedingt nicht fliegen können, zum Fliegerarzt müssen, war Mathias sehr daran gelegen, am Montag in die Luft zu kommen. So war es dann auch. 
Und Mathias hat gleich vier Rekorde diese Woche aufgestellt. 

  •     Den längsten Flugsektor 114 Minuten, 
  •     die längste Flugzeit von 7 Stunden an einem Tag, 
  •     mit 28,2 Stunden die meisten Flugstunden in einer Woche und 
  •     mit 52,5 Stunden die meisten Arbeitsstunden in einer Woche, 

seit wir wieder in PNG zurück sind. Außerdem waren diese Woche fünf Passagiere an Bord von seinem Flugzeug, die ins Krankenhaus flogen. Die ernsteste Verletzung war das Ergebnis eines Kampfes zwischen zwei Männern und eben wie so oft eine Frau mit Nachgeburtsschwierigkeiten.

Zig Passagiere gestrandet


In Maramuni fragt mich unser Agent, ob er heute das ganze Flugzeug chartern kann um wenigstens ein paar seiner 18 Passagiere zu transportieren. Ich muss ablehnen, weil ich schon ein geplantes Flugprogramm habe und mich beeilen muss. In Tekin fragt mich der Agent einer anderen Flugorganisation, ob ich 30 Wahlhelfer nach Rumginae fliegen kann und 20 nach Telefomin. In Kompiam warten 20 Ex-Patienten auf eine Twin Otter von MAF um in ihre Heimatdörfer zu fliegen. Wo ich lande, habe ich den Eindruck, dass es immer mehr Passagiere gibt, als ich fliegen kann. 


Es gibt verschiedene Gründe dafür. Seit ein paar Wochen sind viele Piloten in ihrem Heimaturlaub und wir sind nur noch 13 Piloten bei MAF. Ein anderer Flugdienst in Vanimo hat seine Lizenz nach zwei Landeunfällen verloren und die Fluganfragen kommen zu uns. Wir müssen häufiger „Nein“ sagen als uns lieb ist und beschränken uns auf die wichtigen Flüge: Medevacs, Missionare und einige wenige normale Passagierflüge. Vielleicht entspannt sich die Lage im vierten Quartal dieses Jahres, wenn Piloten wieder aus dem Urlaub kommen oder die Effekte der Wahl in PNG nachlassen.