Es ist Freitag, Mathias fährst kurz vor 7 Uhr zum Flugplatz. Der Wetter ist super. Es kann ein guter Flugtag werden. Gegen 8.30 Uhr schreibt er eine SMS: Flugtag abgesagt. Richie hatte Tags zuvor eine Flugplatz aus Sicherheitsgründen geschlossen und so machte das von Ludmer geplante Flugprogramm keinen Sinn mehr. Mathias kommt trotzdem nicht zum zweiten Frühstück nach Haus, er kümmert sich um das Rechnungsprogramm an der Base.
Nächste SMS gegen 11.15 Uhr. Medevac aus Sangera. Willst du mit?
20 Minuten später ist auch Mandy am Flugplatz und wir starten für den 20-minütigen Flug in die Sepikebene.
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Sangera |
Der Flugplatz ist von vielen Schaulustigen umgeben. Es ist immer wieder besonders, wenn ein Flugzeug landet und im Falle eines medizinischen Notfalls leisten viele einfach auch Anteilnahme und sind besorgt um das Wohlergehen.
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Viele Leute sind am Flugplatz |
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Man beachte das Haustier im Vordergrund... |
Eine Frau hat seit Dienstagabend starke Schmerzen und wohl die ersten Wehen. Leider liegt das Kind quer im Bauch. In Sangera selbst gibt es keine Krankenstation noch eine Krankenschwester. Hier kommen die Kinder normalerweise mit der Erfahrung der anderen Frauen auf die Welt. Wie gut, dass der andere Flugplan heute nicht zu Stande kam!
Kurz vorm Abflug in Wewak klopft noch Pastor Dennis von der EBC an das Bürofenster. Er bittet uns, viele Fotos vom Landeplatz zu machen, von den Entwässerungsgräben, dem Windsack, dem Rasenmäher. In diesem Fall ist die EBC, die Evangelische Brüdergemeinde, verantwortlich für den Landeplatz. Pastor Dennis, der für die Finanzen im Sepikdistrikt zuständig ist, ist gerade dabei einen Bericht an die Regierung zu schreiben über die Zustände der drei EBC-Landeplätze im Sepik, um Fördergelder zu beantragen. In der Anfangszeit war ein Landeplatz immer Sache der gesamten Dorfgemeinschaft, gemeinsam wurde er gebaut und mit Buschmessern regelmäßig Grad geschnitten. Das ist viel Arbeit, anstrengende Arbeit! Irgendwann konnte man sich einen Traktor leisten, der nun mit Motorschaden im Schuppen steht. Vor ein, zwei Jahren gab es Ersatz durch einen Deutscher Rasenmäher. Nun ist allerdings der Keilriemen gerissen und keiner vom Dorf ist mehr bereit, für die gute Sache sein Buschmesser zu schwingen – es sei denn, man wird dafür bezahlt. Segen und Flug der modernen Technik...
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Inspektion |
Genauso wenig wurden über die letzten Jahre die Entwässerungsgräben freigehalten. Sie sind überwuchert und erodiert. Bei dem zzt. vielen Regen ein dummer Fehler. Die Landeplätze weichen auf und die Gefahr, eines Propstrikes ist schnell da. Sicherheitsrisiko.
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Überwucherte Entwässerungsgräben |
Uns kommt ein Teenager mit einem Modellflugzeug entgegen. Dieses würde garantiert einen Propstrike haben. Bis auf den überdimensionalen Propeller ist ihm das Modell echt gut gelungen. Der Pilot ist begeistert!
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Stolzer Nachwuchspilot?! |
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Der richtige Pilot ist begeistert! |
Nachdem der Flugplatz abgelaufen und inspiziert ist, wird es nun mehr als Zeit, die Vorbereitungen für den Medevac zu treffen. Sitze müssen ausgebaut werden, damit die Frau liegen kann. Auch die Flugpapiere müssen ordnungsgemäß ausgefüllt werden. Die Frau wartet in einer Hütte nahe dem Flugplatz, umgeben von vielen anderen Frauen des Dorfes. Männer haben eine einfache Trage gebaut, falls sie selbst nicht in der Lage sein sollte, diesen Weg von etwa 80 Metern zu gehen.
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Jeder Schattenplatz ist belegt |
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Wartende Frauen. Die Patientin wartet in der Hütte |
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Glücklich! |
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Trage aus Buschmaterial |
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Sitze ausbauen |
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Der Liegeplatz ist vorbereitet |
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Papierarbeit |
Mathias ist soweit. Die Frau kann kommen. Gestützt von zwei Personen kommen sie langsam zum Flugzeug. Viele schauen zu. Einige helfen mit, ihr ins Flugzeug zu helfen. Für eine Begleitperson konnte die Dorfgemeinschaft kein Geld auftreiben. Wir nehmen dennoch eine Freundin der Frau mit. Es fühlte sich einfach nicht gut an, sie allein in ihrer Not im Flugzeug liegen zu haben. Vor Schmerzen zwirbelte sie an ihren Haaren herum und riss sich welche aus. Alle waren dankbar.
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Es ist soweit. Die Patientin wird gestützt zum Flugzeug begleitet |
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und ins Flugzeug gehoben. |
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Auch die Begleitperson ist nun an Bord. |
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So viel Zeit muss sein: Sicherheitsbelehrung. |
Auf geht´s Richtung Wewak! Mathias total verschwitzt... Ob die Ambulanz wohl am Flugplatz wartet? Unsere Mitarbeiter an der Base haben sie jedenfalls bestellt. Beim Landeanflug auf Wewak und im Überflug über das Krankenhaus sehen wir eine am Boden stehen. Ob sie wohl gleich kommt?
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Kurz nach dem Start aus Sangera |
Beim Ausrollen zum MAF Hangar warten Ludmer und Jakob mit dem MAF Trolly, sicheres Zeichen dafür, dass keine Ambulanz da ist. Mathias wartet nicht lange und holt den MAF Bus. Es hat keinen Wert zu warten, die Frau muss ins Krankenhaus! Sie kann sitzen. Das ist gut. Am Flugplatztor wartet dafür ihre Großmutter. Das hilft der jungen Frau auch, dieses letzte Stück Weg noch zu schaffen.
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Der Krankenwagen kommt – der MAF Bus... |
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Gemeinsam schaffen wir es! |
Auch die Fahrt zum Krankenhaus ist anstrengend. Die Straße voller Schlaglöcher, die Brücke ein Sicherheitsrisiko und bedarf eines Stoßgebets beim Überqueren...
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Ohne Worte... |
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Auf dem Weg ins Krankenhaus |
Wir halten an der Notaufnahme. Mandy versucht Krankenschwestern zu finden und zum Handeln zu mobilisieren. Können oder wollen sie mich nicht verstehen? Sie machen nur große Augen. Im Rücken höre ich das Klappern der Räder eines Rollbetts. Mathias! Er weiß schon, wo er hinlaufen muss, um dieses Notfallrollbett zu finden. Ich folge ihm, die Krankenschwestern nicht. Wir haben die Aufmerksamkeit aller wartenden Angehörigen oder Patienten, die in diesem Bereich des Krankenhauses sind. Was passiert hier? Was machen die Weißen für eine Hektik?
Mit vereinten Kräften schafft es die junge Frau, sich aus dem Bus auf die Trage zu bewegen, sichtlich erleichtert, wieder liegen zu können. Wir rollen sie in das Zimmer für die Notaufnahmen. Endlich kommen zwei Schwestern und kümmern sich, zumindest stellen sie Fragen.
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Letzte Hürde |
Unser Dienst ist hier beendet. Wir fahren zurück zum Flugplatz und können nur hoffen, beten und vertrauen, dass man sich auch an einem Freitagnachmittag noch um die junge Frau kümmert und ihr geholfen wird, das Kind lebend auf die Welt zu bringen.