30 Oktober 2010

Scandying

Jetzt nur kein Englisch-Wörterbuch holen! Dieses Wort ist da nämlich nicht zu finden, sondern eine Wortneuschöpfung innerhalb der MAF-PNG-Ladies und bezeichnet als solches eine Art Hobby: Second Hand Shopping.

Kaum zu glauben, dass man – ich sollte besser sagen „frau“ – sich wirklich dafür begeistern kann. Aber was hat man, ähm, frau, hierzulande für Möglichkeiten, die eigene Garderobe aufzufrischen, will frau und ebenso ihr Mann nicht nur mit den spärlich bei der Einreise mitgebrachten und von den hiesigen australischen Wirbelwaschmaschinen schneller demolierten Kleidern leben. Jedenfalls, einen H&M oder C&A oder irgendwelche Versandhauskataloge sucht frau hier auch vergebens. Was es gibt, sind so null-acht-fuffzehn-Klamotten im Sinne von klassischen unifarbenen T-Shirts und Poloshirts oder eben die sogenannten Meri blauses, weit schwingende Oberteile aus synthetischem bügelfreien Material aller Farben und Muster – die typische Kleidung der PNG-Frauen.

Grundsätzlich gilt für die Frau: Figurbetont ziemt sich nicht. Alles immer schön weit und vor allem auch bis übers Knie. Was mich betrifft, ich freu mich an meinen beiden meri blauses aus Madang. Die sind aus Baumwolle und haben einen doch noch ganz netten Schnitt. Naja, in Deutschland würde ich dann vielleicht doch nicht so rumlaufen, aber hier schon. Sie sind bequem und bei der Hitze hier total angenehm luftig. Oft höre ich dann auch die Einheimischen untereinander tuscheln: „wait meri i gat naispela meri blaus“ (Die weiße Frau hat eine schöne Bluse an.) ... Das verschafft mir einerseits Achtung und andererseits auch Sicherheit, mich hier in der Stadt und auf dem Markt zu bewegen. So ist man bzw. frau den Einheimischen gleich sehr sympatisch und zeigt, dass frau kein „Durchgangstourist“ ist.

Aber auch hierzulande ändert sich so manches und auch zwischen dem Hochland und der Küste zeigen sich unterschiedliche „Freiheiten“. Je weiter man/frau jedoch in die Buschdörfer kommt, um so „enger“ die Regeln aber unter Umständen auch umso freizügiger, frei nach dem Motto „bush tru“...

Zurück zum Scandying... Den neuesten Modeschrei aus Paris oder Mailand kriegt frau hier freilich nicht zu kaufen. Aber wer trägt den auch schon und wer kann sich das denn auch leisten, für viel Geld wenig Stoff zu kaufen ;o)

Nach anfänglicher Zurückhaltung und einer gewissen Ignoranz der zum Teil etwas schmuddeligen Waren des typischen Gebrauchtkleiderdufts, kann man eine gewisse Freude am Scandying entwickeln und erlebt dies dann auch als einen kleinen Höhepunkt in der Woche. Und dies um so mehr, je erfolgreicher man bzw. frau bei der Schnäppchenjagd ist. Wobei, ein Schnäppchen ist eigentlich alles, was frau nach Hause trägt. Und dann ärgert es auch nicht allzusehr, wenn es mal nicht passen sollte. Nix mit Anprobe im Laden. Kauf nach Augenmaß! Und das gelingt um so besser mit den australischen oder chinesischen Größen – wenn denn die Labels überhaupt noch drin sind... – je mehr Übung frau hat. Nebenbei bemerkt: Mann von frau mag nicht mitkommen ;o) aber erfreut sich gelegentlich auch eines neuen Kleidungsstücks. Natürlich nicht in dem Maße und nicht in der Menge wie frau. Denn komischerweise gibts an den Herrenkleiderständern nicht so viel Auswahl bzw. vieles ist wirklich schon sehr abgetragen und das will ja weder frau kaufen noch man(n) anziehen... Aber das scheint wohl auch mit dem Ursprung der Kleidung zusammenzuhängen, weil frau wohl grundsätzlich mehr hat und immer öfters Kleider aussortiert, die sie nicht mehr mag und trotzdem noch kleidsam sind. Man(n) hingegen zieht alles wirklich an, bis es nimmer tragbar ist und dies wohl in doppelter Hinsicht ;o)

Mittlerweile ziehen wir als Schwestern los und freuen uns doppelt über die mitgebrachte Beute. Zumal dann, wenn wie die Tage, frau sogar eine niegelnagelneue Hose gefunden hat, die in Australien 45 Dollar gekostet hat (Preisschild war noch dran...) und umgerechnet ich sie für grad mal 3 Euro bekommen habe. So macht Klamottenshoppen Spaß!

Übrigens: das ist typisch für so kleine Läden hierzulande: die Kassen sind in kleinen Käfigen.

Und noch einen Vorteil hat das Scandying: man/frau ist nicht an irgendwelche Modetrends und -farben gebunden, sondern findet echt nette Sachen für wenig Geld, die frau in Deutschland wohl kaum gefunden und sich wohl auch nicht hätte leisten wollen und können...

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